Schweizer Geschäftsberichte-Rating 2025: Value Reporting
Interview mit Sascha Behnk, Senior Research Associate am Department of Finance
Am 25. September 2025 wurden im SIX Convention Point in Zürich die besten Geschäftsberichte des Jahres ausgezeichnet. Gastgeber war der HarbourClub.
Im diesjährigen Wettbewerb wurden 214 Geschäftsberichte bewertet – von SPI-Unternehmen ebenso wie von nicht börsenkotierten Firmen mit Sitz in der Schweiz. Mit dieser Neuerung umfasst das Rating die 50 umsatzstärksten Unternehmen, wie z.B. die 25 grössten Banken nach Bilanzsumme und die 15 grössten Versicherungen nach Erträgen.
Die Jurys
Die Beurteilung erfolgt durch zwei unabhängige Jurys:
- Value-Reporting-Jury (Leitung: Prof. Alexander F. Wagner, Universität Zürich) bewertet die Qualität der Finanzberichterstattung in Print und Online
- Design-Jury (Leitung: Jiří Chmelik, Noir Associates) bewertet das visuelle Erscheinungsbild der Geschäftsberichte
Zusätzlich wurden die 20 besten Berichte für ihre Textgestaltung ausgezeichnet.
Value Reporting
Die Bewertung des Value Reportings erfolgt im Rahmen des Value Reporting Seminars am Department of Finance der Universität Zürich. Seit 2008 analysieren unsere Studierenden die Geschäftsberichte anhand von zehn Kriterien und erstellen dazu detaillierte Analysen.
Das Geschäftsberichte-Rating: Ein Überblick
Unter der Leitung von Prof. Alexander Wagner sowie Dr. Sascha Behnk, Amra Hrustanovic, und Arun Vasudevan lernen die Teilnehmenden, wie man Geschäftsberichte analysiert und bewertet. Im intensiven zweiwöchigen Seminar bearbeiten die Studierenden je 7 bis 10 Berichte anhand eines festgelegten Kriterienkatalogs, der unter anderem Nachhaltigkeit, Risikoinformationen und digitale Zugänglichkeit umfasst.
Anschliessend werden die Ratings durch die Dozierenden nochmals geprüft, bevor sie in das Gesamtrating einfliessen und an der jährlichen Preisverleihung publiziert werden.
Gewinner 2025
Interview

Sascha Behnk ist Senior Research Associate am Department of Finance der Universität Zürich und koordiniert die Value Reporting Jury des Schweizer Geschäftsberichte Ratings seit 2016.
Sascha, was ist Value Reporting und warum ist es wichtig?
Value Reporting bedeutet, dass ein Unternehmen mehr zeigt als nur „nackte“ Zahlen. Es geht darum, Investoren und anderen Stakeholdern ein umfassenderes Bild zu geben: Wie entsteht Wert im Unternehmen, welche Entscheidungen tragen dazu bei und welche Wirkung haben sie langfristig? Gutes Value Reporting schliesst Informationslücken und baut Vertrauen auf – was am Kapitalmarkt oft entscheidend ist. Gleichzeitig ist Value Reporting kein Selbstzweck: Es erfordert Aufwand und muss zum jeweiligen Wettbewerbsumfeld passen. Aber es wirkt nicht nur nach außen. Auch intern bringt es viel: Wenn die wichtigsten Werttreiber klar dargestellt werden, schärft das die strategische Ausrichtung, verbessert die Kommunikation und gibt gerade neuen Mitarbeitenden eine gute Orientierung. In seiner Forschung hat Jury-Präsident Prof. Alexander Wagner dementsprechend auch Hinweise gefunden, dass gutes Value Reporting die operative Performance des Unternehmens stärkt.
Du unterrichtest nun seit fast zehn Jahren das Seminar „Unternehmensberichterstattung und Corporate Governance” an der UZH. Was ist das Besondere an dieser Veranstaltung?
Das Besondere an unserem praxisorientierten Seminar ist, dass die Ergebnisse der Studierenden echten Impact haben. Die jährlich rund 30 Teilnehmenden lernen, wie Geschäftsberichte im Sinne des Value Reportings optimiert werden können. Anschließend bewerten und dokumentieren sie die aktuellen Geschäftsberichte der größten Schweizer Unternehmen anhand unserer Value-Reporting-Kriterien. In diesem Jahr waren es 184 Berichte – eine tolle Leistung. Die von uns geprüften Ergebnisse fließen anschließend als Ranking in das Schweizer Geschäftsberichte-Rating ein. Die zahlreichen Bestellungen der Detailauswertungen durch die Unternehmen zeigen, dass unser Rating in der Praxis ein hohes Ansehen genießt. Im Rahmen der Preisverleihung im September erhalten die Studierenden zudem die Gelegenheit, direkt mit den Kommunikationsverantwortlichen der Unternehmen in Kontakt zu treten.
Welche Entwicklungen sind Dir in den letzten Jahren bei den Schweizer Geschäftsberichten aus Value Reporting-Perspektive aufgefallen?
Wir beobachten schon seit einiger Zeit, dass die jährliche Berichterstattung bei vielen Unternehmen deutlich umfangreicher geworden ist. Der mit Abstand wichtigste „Treiber“ hinter diesem Trend ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dies liegt unseres Erachtens aber nicht nur an der zunehmenden Regulierung. Viele Unternehmen nutzen ihre Berichte auch, um intensiver darzustellen, wie sie Nachhaltigkeit in Geschäftsstrategie, Unternehmenssteuerung und Prozesse integrieren. Aus Sicht des Value Reportings ist das grundsätzlich eine sinnvolle Entwicklung.
Wie unterscheiden sich gedruckte Geschäftsberichte von digitalen Formaten?
Auch wenn es den gedruckten Geschäftsbericht bei vielen Unternehmen nach wie vor gibt, haben in den letzten Jahren immer mehr Anbieter die Printversion eingestellt und veröffentlichen ihre Berichte ausschließlich digital. Das eröffnet vielfältige Möglichkeiten, Inhalte mit weiteren Medien wie grafischen Tools oder Videos zu verknüpfen. Neben dem klassischen PDF stellen daher zahlreiche Unternehmen inzwischen interaktive Online-Berichte bereit. Unsere Erfahrung zeigt allerdings: Breit angelegte Web-Plattformen für die Berichterstattung entfalten nur dann echten Mehrwert, wenn sie zugänglich und nutzerfreundlich gestaltet sind – andernfalls kann die Informationssuche deutlich aufwendiger werden und das Risiko steigen, wichtige Inhalte zu übersehen.
Wo siehst du aktuell die grössten Herausforderungen für Unternehmen beim Thema Value Reporting?
Angesichts der immer umfangreicheren Berichterstattung stellt sich die Frage, ob dieser Trend irgendwann in einen Informations-Overkill mündet. Eine mögliche Lösung bietet der Einsatz von KI-Modellen, die Geschäftsberichte analysieren und für die jeweiligen Stakeholder relevante Informationen verdichten. Schon heute optimieren viele Unternehmen ihre Berichte auf maschinelle Lesbarkeit. Unsere Arbeit in der Value Reporting Jury zeigt aber, dass bis dato die menschliche Einordnung unverzichtbar ist, gerade wenn es darum geht, Zahlen und Informationen im richtigen Kontext zu verstehen und ihre Bedeutung für das Unternehmen zu bewerten.
Impressionen
Schweizer Geschäftsberichte-Rating 2025 im SIX Convention Point in Zürich, Schweiz am 25. September 2025
Photo source: Barbara Müller Photography https://www.muellerfoto.com/
Cornelia Kegele